Kindeswille bei Umgangsregelungen nach Trennung der Eltern nicht immer entscheidend
Wille des Kindes stellt nur einen von mehreren Gesichtspunkten bei Ermittlung des Kindeswohls dar
Hat das Familiengericht nach Trennung der Eltern den Aufenthalt eines Kindes einem Elternteil zugeordnet (Residenzmodell), müssen triftige Kindeswohlgründe vorliegen, um später eine Umgangsregelung im Sinne eines paritätischen Wechselmodells anzuordnen. Der Kindeswille stellt dabei nur einen von mehreren Gesichtspunkten bei der Ermittlung des Kindeswohls dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hervor.
Die Beteiligten des zugrunde liegenden Verfahrens waren verheiratet und haben drei Kinder. Nach der Trennung der Eltern übertrug das Familiengericht im Frühjahr 2014 im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder der Mutter (sogenanntes Residenzmodell). Die Mutter zog nachfolgend mit den fünf bzw. vier Jahre alten Kindern aus dem gemeinsamen Familienwohnhaus aus. Im Sommer 2016 beantragte der Vater, die getroffene Entscheidung abzuändern und ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Das Familiengericht wies diesen Antrag nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zurück. Die Kinder hatten sich im Rahmen der Anhörung für einen künftigen Aufenthalt beim Vater ausgesprochen.
Familiengericht lehnt Anordnung eines paritätischen Wechselmodells ab
Auf den hilfsweise gestellten Antrag des Vaters hin, jedenfalls ein sogenanntes paritätisches Wechselmodell anzuordnen (wöchentlicher Wechsel der Kinder zwischen den getrennten Eltern), kam es zum hiesigen Umgangsverfahren. Das Familiengericht lehnte die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells ab, ordnete jedoch einen „ausgedehnten Umgang“ mit den Kindern an. Demnach sollten sie sich regelmäßig alle 14 Tage von Donnerstag 17.00 Uhr bis montags zum Schulbeginn bei ihm aufhalten.
Voraussetzungen für Änderung des Aufenthaltsortes aus triftigen Gründen des Kindeswohls liegen nicht vor
Umgangsentscheidungen müssen sich nach allgemeinen Kindeswohlkriterien ausrichten
Wille der Kinder wurde nicht autonom gebildet
Erläuterungen:
§ 1696 [1] Abänderung gerichtlicher Entscheidungen und gerichtlich gebilligter Vergleiche
(1) 1 Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. 2 Entscheidungen nach § 1626 a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
§ 1671 [1] Übertragung der Alleinsorge bei Getrenntleben der Eltern
(1) 1 Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, sokann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein übertragt. 2 Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
– 1. der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
– 2. zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. […]
§ [1] Umgang des Kindes mit den Eltern
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) 1 Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. 2 Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) 1 Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. […]