Erbrecht

OLG Stuttgart zur Auslegung eines Testaments: Was gilt bei Zuwendung von Einzelgegenständen?

Bei Vererbung von einzelnen Vermögens­gegenständen an unterschiedliche Erben ist von Anordnung unterschiedlicher Erbquoten auszugehen

Oft werden in Testamenten einzelne Vermögens­gegenstände verteilt, obwohl das nach deutschem Erbrecht eigentlich nicht möglich ist. In solchen Fällen wird dann versucht, den letzten Willen, so gut es geht, abzubilden.

Hat eine Erblasserin etwa alle Bedachten einheitlich als Erben bezeichnet hat, so ist für ihr Vermögen von einer Erb­einsetzung nach Quote auszugehen. Dann sind die Werte der einzelnen Erbteile ins Verhältnis zum gesamten Nachlass zu setzen. Daraus ergeben sich dann die Quoten für den Erbschein. Das geht aus einem Beschluss des Ober­landes­gerichts Stuttgart hervor (Az.: 8 W 198/16).

Testamentarische Zuordnung bestimmter Grundstücke

In dem Fall hat eine verwitwete Mutter in einem privat­schriftlichen Testament ihre drei Kinder zu ihren Erben berufen und jedem bestimmte Grund­stücke zugesprochen, die aber unter­schiedliche Werte hatten. Das Bar­vermögen wurde zu je einem Drittel an ihre Kinder verteilt.

Erbe verlangt Erbeinsetzung zu je einem Drittel

Zwei der Kinder wollten einen Erbschein mit Quoten, die den Wert­verhältnissen der Grund­stücke entsprachen. Das dritte Kind, dem ein Grundstück mit deutlich geringerem Wert zugesprochen wurde, war dagegen. Aus seiner Sicht waren die Grund­stücke nur im Rahmen von einer sogenannten Teilungs­anordnung zugeordnet worden. Wertmäßig aber sei es bei einer Erb­einsetzung zu je einem Drittel geblieben. Jedes Kind sollte aus seiner Sicht also gleich viel bekommen. Doch das Gericht sah das anders – und wies sein Ansinnen zurück.

Konkrete Grundstückswerte zugeteilt

Denn die Mutter hatte ihren drei Kindern konkrete Grundstücks­werte zugeteilt, von denen sie wegen einer Schätzung wusste, dass sie nicht einer Dreiteilung des Nachlasses entsprechen. Nur für das Bar­vermögen war im Testament eine Dreiteilung vorgesehen.

Varianten zur Erbeinsetzung auf konkrete vorhandene Vermögensgegenstände

Auch wenn eine Erb­einsetzung auf konkrete vorhandene Vermögens­gegenstände nach deutschem Erbrecht nicht möglich ist: Es gibt zwei Varianten, in denen die einen gegenüber den anderen Erbenden noch bevorteilt sind – die Anordnung von Voraus­vermächtnissen bei gleichzeitiger Einsetzung der Erben zu gleichen Teilen und die Erb­einsetzung nach Vermögens­gruppen mit unterschiedlichen Quoten. Nur bei einer Teilungs­anordnung bekommen alle Erben gleich viel.

OLG geht von Anordnung unterschiedlicher Erbquoten aus

Im Testament steht zwar klar, dass alle drei Kinder Erben sein sollen. Doch die Mutter hat die Grund­stücke explizit vergeben, und damit ist von der Anordnung unterschiedlicher Erbquoten auszugehen. Dazu kommt auch, dass sie in einem vorherigen, notariellen Testament noch eine Erb­einsetzung zu je einem Drittel vorgesehen hatte. Dieses Testament hob sie mit dem neuen aber auf – das sprach dafür, dass sie wollte, dass zwei ihrer Kinder mehr bekommen sollen als das dritte.

Quelle: dpa/DAWR/ab